Ein Leben jenseits aller Grenzen (2er-RPG/16+)

"Nein... sie ist pflichtbewusst. Sie muss es tun, denn ansonsten würde jeder ihre Position infragestellen... Ein Schutzengel muss seine Pflichten erfüllen und wenn er Regeln missachtet und damit schwerwiegende Gesetze bricht, dann muss dagegen agiert werden..." Er blickte auf ihr Handy und als sie fertigtelefoniert hatte sah er sie an. "Wer war das?"

"Frank.", sagte sie schon fast gleichgültig. Dann seufzte sie und ließ sich nach hinten ins Gras fallen. "Man könnte sagen, mein Erziehungsbrechtigter." Damit war klar, das sie ihren Vater meinte. Doch sie nannte weder Frank Vater noch Kathrin Mutter. Das hatte sie nie und würde damit nicht anfangen.

"Verstehe." Tenebris nickte. "Du hast nicht vor ihn besuchen zu gehen, hm? Du bist seltsam... ich sehe selten Menschen die so einsam sind wie du." Er blickte auf seine Füße die im Wasser waren... ein paar Fische schwammen um seine Füße umher, er lächelte leicht, bewegte einmal leicht den Fuß und die Fische bewegten sich, folgten seiner Bewegung... er konzentrierte sich etwas mehr darauf, ließ seine Gedanken über die Fische streifen und kurz darauf schwammen sie wilder umher, schwammen hoch und runter und sprangen sogar ganz leicht aus dem Wasser... ja, man könnte sagen dass das die eher unheilvolle Seite von Tenebris war... andere Wesen zu beeinflussen war etwas das in seinen Fähigkeiten lag, doch er tat es selten... denn Kara sah nicht gerne wenn er Dinge verwendete die einem Unheilsengel zugeschrieben werden.

"Nein, sie haben mich zwar großgezogen, sind aber nicht meine Eltern.", sagte sie und blickte in die Kronen der Bäume hinauf. Doch dann richtete sie sich auf und sah die Fische. Sie betrachtete das Schauspiel eine Weile. Dann stand sie auf und streckte sich etwas. "Ich habe mitbekommen, das wenn man sich von anderen Menschen fern hält, sie einen nicht verletzen können und man wesentlich ruhiger lebt." Als sie die Worte sagte, setzte sie ihr Capi ab und löste ihren Pferdeschwanz. Anschließend ging sie ins Wasser, bis sie keinen Boden mehr unter den Füßen hatte und tauchte ab. Einige Meter weiter, tauchte sie wieder auf.

Tenebris stoppte mit seinem Spiel, ließ die Fische fortschwimmen und sah Eleonora nach. "Aber fühlt man sich dann nicht einsam? Ich meine... ich weiß selbst wie es ist wenn man kaum jemanden hat, schließlich bin ich selbst jemand der von anderen mit abscheu betrachtet wird. Und ich würde mich nicht freiwillig für ein solches Leben entscheiden..."

"Früher hatte ich einen Hund, sie hieß Alessca.", rief sie ihm zu, während sie einige Runden schwamm. "Ich habe sie immer überall mit hingenommen, bis ein Autofahrer und übersah. Ich kam ins Krankenhaus und Alessca starb. Seitdem lebe ich ganz alleine." Sie kam wieder etwas in seine Richtung geschwommen.

Es war traurig... Tenebris wusste das solche Gefühle für ihn nicht richtig waren, doch er empfand es. Er fühlte Mitleid mit ihr, sie hatte im Leben viel erlitten. "Deine wirklichen Eltern... sind sie gestorben?" Noch immer ließ er seine Füße im Wasser baumeln wärend er ihr beim schwimmen zusah.

"Ich weis es nicht.", sagte sie. "Zumindest wollten sie mich nicht wieder haben." Immerhin war es so, das sie nur so lange in einer Pflegefamilie war, wie ihre leiblichen Eltern sie nicht haben wollten. Doch sie hatten nie nach ihr gefragt. "Ich war 3 Jahre, als ich ins Heim kam. Keine Ahung wer meine Eltern sind, ob sie leben oder was sie machen." Sie zuckte mit den Schultern und schwamm noch eine Rund.

"Und du hast dir nie die Mühe gemacht sie zu suchen?" Er konnte das verstehen... nach so langer Zeit will man vermutlich garnicht mehr wissen wer einen damals im Stich gelassen hat. Tenebris ließ sich nach hinten fallen und blickte zum Himmel. "Mein Vater wurde hingerichtet und meine Mutter starb als ich 400 Jahre alt war... ich nahm daraufhin ihren Platz unter den Schutzengeln ein... obwohl mir ein solcher Platz garnicht zustand." Er lachte traurig. "Es hat viele Diskussionen deswegen gegeben."

Eleonora kam langsam wieder zum Ufer. "Nein, ich hab auch nicht vor, sie zu suchen." Dann kam sie wieder auf dem Wasser und setzte sich neben ihn. Ihre Haare und Sachen waren komplett durchnässt. Sie nahm ihr Oberteil ein Stück in die Hand und wrang sie aus. "Wie alt bist du?", fragte sie ihn. Anschließend nahm sie ihr Haar und wrang es direkt über Tenebris Gesicht aus.

"Ich? Ungefähr 600 Jahre." Tenebris schüttelte den Kopf als er das Wasser aus ihren Haaren abbekam. "Was soll das?" Er blickte sie an und lächelte dennoch. "Ich brauche keine Dusche..."

"Achso, da war ich mir nicht so sicher.", sagte sie lächelnd. Dann stützte sie die Hände nach hinten und lehnte sich etwas zurück. "600 Jahre ... für dich muss ein Jahr wie ein Wimpernschlag sein." Ein Menschenleben war wenn man es so nahm, nichts wert, wenn man so lange lebte.

"Nicht unbedingt.. aber für mich ist Zeit etwas relatives. Ich habe Generationen kommen und gehen sehen. Mitangesehen wie Diktatoren an die Macht kamen und gestürzt wurden... Erfindungen die euer Leben gemütlicher machen bei der Erschaffung gesehen. Und dennoch ist ein solches Leben unvollkommen, denn wir Engel sind nicht so frei wie ihr Menschen..." Tenebris sah zu ihr wärend er diese Worte sprach.

"Wieso unvollkommen?", fragte sie und blickte zu ihm hinunter. Sie konnte sich so ein ewgies Leben nicht vorstellen. Sie konnte sich nicht einmal vorstellen, das sie jemals 50 Jahre werden würde.

"Wir Engel sind an unsere Pflichten gegenüber Gott gebunden... jeder Engel erhält im Laufe seines Lebens eine vorherbestimmte Aufgabe... unser Leben soll vorbestimmt sein, wir treffen keine wirklich freien Entscheidungen... uns bestraft man wenn wir Fehler machen... Gott würde euch Menschen niemals wirklich bestrafen..."

"Du willst jetzt aber nicht sagen, das Kara, Gott ist?", fragte sie ihn und blickte zu ihm hinunter. Sie konnte sich ein solches Leben nicht vorstellen. Sie lebte jeden Tag, ohne Ziel oder Sinn, alles nur, um das jeden Tag aufs neue zu machen.

"Nein, aber sie ist eine Vertreterin Gottes... kein einfacher Schutzengel bekommt Gott zu sehen... und nichteinmal jeder Erzengel wurde zu ihm gerufen. Trotzdem sind die Erzengel die Wächter Gottes, sozusagen sein Sprachrohr... was sie uns Befehlen ist mit Gottes Segen gegeben... in den meisten Fällen. Wichtig ist das ihre Befehle nicht Gottes Wünschen widersprechen." Tenebris schloss die Augen, seufzte und genoss den Duft dieser Gegend... "Bei uns ist alles so furchtbar kompliziert..."

Eleonora lächelte etwas. "Und da heißt es immer, wir Menschen sind kompliziert. Sie setzte sich wieder richtig hin und legte die Hände in den Schoss. Ihr Blick wanderte über das Idyll, welches vor ihr lag. Mittlerweile gab es einfach zu wenig von diesen Orten. Die meisten hatte der Mensch zerstört.

"Wie komplex etwas ist hängt immer vom Betrachter ab... im Vergleich zu uns Engeln habt ihr ein leichtes Leben..." Er lächelte sie an. "Dennoch will ich mich nicht beschweren... dafür Leben wir einfach länger." Dann setzte er sich wieder auf und streckte sich ein wenig.

Eleonora sah eine ganze Weile schweigend aufs Wasser. "Wie ist es eigentlich, ich meine, zu fliegen." Sie stellte es sich wunderbar vor. Hoch oben über den Menschen, frei und unbeschwert zu fliegen ... Gab es überhaupt etwas vergleichbares? In ihrer Vorstellung nicht.

Tenebris lächelte. "Es ist immer dasselbe... der Mensch träumt stets vom Fliegen..." Er sah zu ihr. "Es ist schön... man fühlt sich frei, erhaben..." Er seufzte. "Ich würde es dir gerne zeigen... doch ich glaube meine Herrin wird mir den Kopf abreißen wenn ich es mache."

Elena sah wieder zu ihm hinüber. "Nur den Kopf abreißen? Das glaube ich nicht.", sagte sie lächelnd. Sie konnte es sich nicht vorstellen, es ging einfach nicht. "Wir sollten zurück, immer heißt es nun, gegen die Strömung." Mit diesen Worten stand sie auf und ging zurück zum Kanu.

"Hört sich ja schon großartig an..." Er passte sein Erscheinungsbild wieder dem eines Menschens an, folgte ihr und schob sein Kanu ebenfalls ins Wasser. "Irgendwas das ich wissen oder beachten sollte?"

"Es wird anstrengender.", sagte sie lächelnd. Dann paddelte sie auch schon los. Weg von der Lagune des Friedens und der Ruhe. Sie paddelten wieder zurück durch den Wald. Bogen einige Male ab, bis sie auf einen offenen Fluss kamen. Dort paddelten sie wieder die Strömung hinauf.

Tenebris seufzte, folgte ihr und kämpfte gegen die Strömung an... es war einfacher gesagt als getan... zu allem überfluss begann es auch noch zu regnen... obwohl es grade eigentlich noch ganz schönes Wetter war. "So... schnell kann... es umschlagen..."