Der alte Mann und das Mädchen [Schnargl | Ly]

Auch diese Nacht hatte der Alte auf seinem Klappstuhl am Rande der Stadt in der Kälte verbracht, nur gewärmt durch die betäubende Wirkung des Alkohols. Er wirkte nicht betrunken, er war schließlich daran gewöhnt. Sobald die Sonne hinter den Bergen der Stadt aufging, stand der Mann langsam auf und machte sich, wie jede Nacht, wieder auf zu seinem Haus, unbemerkt von den Bewohnern Elys, dieser niedlichen Örtchens im Osten Nevadas.

Hierbei ging er am Haus vorbei, in dem das Mädchen wohnte. Im Vorbeigehen hatte er sie manchmal Abends durchs Fenster des Wohnzimmers gesehen, sie schaute zu dieser Zeit hin und wieder fern. Er verschwendete jedoch keine Gedanken an andere Menschen, er starrte meist gedankenversunken auf den leicht vereisten Boden. Nach einigen Stunden Schlaf würde er gegen 9 Uhr morgens das Diner besuchen und sich dort sein Frühstück bestellen. Dies war zumeist sein einziger Kontakt mit anderen Menschen, was ihm nicht gereade gefiel. Er konnte jedoch nicht kochen, somit war das Diner im Zentrum seine letzte Hoffnung, nicht sehr bald einen erbärmlichen Hungertod zu sterben.

Sina saß wie immer frühs, wenn sie in die Schule musste am Fensterbrett und da war er wieder, dieser Mann der jeden Morgen stadteinwärts und jeden Abend stadtauswärts ging.
Wohin dieser Mann wohl jeden Tag ging ... drehte er eine Runde oder verließ er die Stadt ...
Zugerne würde sie mal nachsehen, aber ihre Mutter ließ sie nach 7 nicht mehr aus dem Haus.
Erst die Stimme ihrer Mutter ließ Sina hochfahren und sie sah zu ihr in die Küche.
As sie den Blick wieder aus dem Fenster richtete, war der Mann breits verschwunden.
Leise seufzend ging sie in die Küche zu ihrer Mum und frühstückte mit ihr zusammen.
Genüsslich aß sie ihre Waffeln, wohl wissend, das sie bald wieder in die Schule musste.
Sina ging gerne in die Schule, wenn da nicht ihre Klassenkameraden wären, welche ihr das Leben schwer machten.
Mitten im Schuljahr hatte sie gleich 2 Klassen übersprungen und war nun die Kleinste und die Unbeliebteste in ihrem Klassenverband.
Kaum hatte sie zu ende gegessen trieb sie ihre Mutter an mit fertig machen.
In einen warmen Mantel gehüllt trat sie mit ihrem Schulrucksack vor die Tür.
Ein unangenehmer Windstoß pfiff ihr ins Gesicht.
Sie würde sich wohl nie an die Kälte gewöhnen ...
Mit diesen Gedanken zog sie den Jackenkragen weiter ins Gesicht und machte sich auf den Weg.

Nach einigen Stunden geruhsamen Schlaf fuhr der Alte mit seiner täglichen Routine fort. Er machte sich, weiterhin in seiner dick gepolsterten Militärjacke, auf den Weg zum Diner. Als er dieses betrat, wurde er kurz von den dort Anwesenden gemustert. Keiner sagte ein Wort. Er setzte sich an seinen Stammtisch am Fenster, bestellte sein übliches Frühstück, Eier mit Speck und Toast und einen schwarzen Kaffee, und blickte die gesamte Zeit über apathisch auf den von Kaffee- und Fettflecken Dinertisch.
Als das Essen kam, aß er langsam, wie immer, und hielt manchmal so lange inne, dass man sich fragen musste, ob sein Essen nicht langsam kalt wurde. Ein Blick aus dem Fenster verriet ihm, dass es wohl bald sehr stark schneien würde. Es kümmerte ihn nicht besonders. Er war die Kälte und den Schnee gewöhnt.

Sina langweilte sich im Unterricht hin und wieder.
Dann blickte sie aus dem Fenster oder malte in ihrem Malheft.
Es gab einige Arbeiten wieder ... alle eine 1 und böse Blicke von ihren Klassenkameraden.
In der großen Pause saß sie wieder auf der Bank unter der riesigen Eiche.
In ruhe laß sie ihr Buch „Faust” und hatte ihre Kopfhörer aufgesetzt, damit sie ihre Ruhe hatte vor den dummen Kommentaren der anderen.
Im Unterricht setzte sie ihre Träumerein und Zeichnungen fort.
Heute hatten sie nur bis 13 Uhr Unterricht, so das sih die gesamte Klasse doch sehr schnell wieder aus dem Staub machte.
Leider war es wie immer, das es einige Jungs nicht lassen konnten und sie mit ihren dummen Bemerkungen verfolgten.
Der einzige Grund, warum sie Sina nicht zu nahe kamen, war, weil ihr Mum sehr eng mit dem Sheriff der Stadt befreundet war.
Sie mochte diesen Mann nicht, weil er immer zu freundlich zu ihr war, dabei wusste sie doch, das er sie nur benutzte, um an ihre Mutter heran zu kommen.
Mit den Jungs im Schlepptau ging es auch am Diner vorbei, was bestimmt ein seltsamer Anblick war.

Er sah gereade aus dem Fenster, als das Mädchen vorbeischritt, mit den Jungen ihren Alters in dichter Verfolgung. Der Mann steckte sich eine Zigarette an, nahm einen Zug, atmete aus und trank einen Schluck von seinem Kaffee, ohne seinen Blick von der Gruppe draußen abzuwenden. Mit der Zigarette im Mundwinkel begann er, seinen linken Arm mit der rechten Hand zu massieren, dabei verzog sich sein Gesicht hin und wieder kurz vor Schmerz.
Er hatte kein sonderliches Interesse an den Jugendlichen, jedoch war es sicherlich spannender, die Situation zu beobachten als den Tisch anzustarren und die Flecken zu zählen.

Sina blieb stehen und die Jungs direkt hinter ihr.
Sie warf den Jungd einen bösen Blick zu.
Die hörten jedoch nicht auf mit ihren Kommentaren und dem ständigen zeigen auf sie.
Sina zog ihren MP3-Player aus der Tasche und steckten sich die Kopfhörer in die Ohren.
Schon fast schmerzhaft laut stellte sie die Musik, welche alle anderen Geräusche übertönte.
Als sie sich wieder abwandte und weiter gehen wollte, sah sie ihn.
Wie vom Blitz getroffen stand sie da und starrte schon fast den fremden Mann an.
Unbewusst durchfuhr sie ein leichter Adrenalinstoß und die Neugier stieg in ihr auf.
Am liebsten wäre sie reingestürmt und hätte ihm ausgefragt.
Doch nach einer scheinbaren Unendlichkeit wandte sie sich schließlich ganz um und lief weiter.
Sie sah kurz auf die Uhr und merkte sich die Zeit.
Dabei ließ sie alles um sich herum völlig außer acht.

Der Mann betrachtete das Schauspiel eine Weile und zündete sich regelmäßig neue Glimmstängel an. Als das Mädchen schließlich weggelaufen war, wendete er sich wieder seinem Essen zu, das nun sicherlich eiskalt war. Als er fertig gegessen und bezahlt hatte, schritt er nach draußen und zündete sich eine neue Zigarette an. Dabei bemerkte er einen der Jungen, der noch neben dem Diner herumstand und musterte ihn.
Gefolgt wurde dies von einem desinteressierten Schulterzucken. Der Mann machte sich langsam auf zu seinem Haus. Es begann wieder leicht zu schneien. Er mochte den Schnee. Auf dem Weg lief er an einigen spielenden Kindern vorbei. Er blieb stehen, warf einem von ihnen seinen Zigarettenstummel in den Schlitten, zündete sich eine neue Zigarette an, während er die Reaktion des kleinen Jungen beobachtete und ging schließlich weiter.

Sina hasste Schnee.
Er war nass, kalt und unangenehm, wenn der Wind einem die Schneeflocken ins Gesicht blies.
Eilig lief sie nach Hause und hängte dabei sogar ihre nervigen Verfolger ab.
Kaum war sie zu Hause wollte sie das Feuer in dem kleinen Kamin anzünden.
Doch die Stimme ihrer Mum und die des Sheriffs unterbanden ihr vorhaben.
Eilig war sie ihren Schulrucksack in die Ecke und zog sich ihren warmen Wintermantel an, sowie ihre hohen Stiefel.
Ihre Mutter rief gerade nach Sina, als sie die Tür hinter sich zu zog und wieder hinaus in die Kälte stapfte.
Die Händd tief in ihre Manteltaschen vergraben und die Kapuze tief ins Gesicht gezog lief sie planlos durch die Straßen.
Die Kälte biss ihr ins Gesicht und die Beine und begann zu schmerzen.
An dem Rodelberg, wo sich immer die Kinder der Stadt trafen und Schlitten fuhren blieb sie stehen.
Sina beobachtete lange die Kinder, fast so, als würde sie selber gerne mitfahren.
Doch dann drehte sie sich um und lief weiter.
Mit jeder Minute schien es immer kälter zu werden, zumindest empfand sie es so.
Sina würde niemals verstehen, was die anderen am Schlittenfahren und Schneefall fanden ...

Nach einiger Zeit erreichte auch der Alte sein Zuhause, drehte die Heizung ein wenig auf und wühlte in einigen Unterlagen. Sein Tagesablauf war stets ziemlich geregelt. Nachmittags und Abends klebte er entweder Zeitungsartikel aneinander und hing sie an eine große Pinnwand oder schaute fern. Das Schema, in dem er die Artikel aneinanderhing, ergab nicht einmal für ihn selbst Sinn, aber die Beschäftigung selbst machte sein Dasein nicht ganz so öde.
Sobald die Kleinstadt langsam im Zwielicht des Abends versank, stand der Mann auf, griff sich eine Whiskeyflasche und eine Packung Zigaretten und machte sich wieder auf den Weg zu seinem Klappstuhl.

Sina wurde unterdessen von einem änderen Mädchen und einigen Jungs verfolgt.
Sie bombadierten sie mit Schnee und was noch schlimmer war, mit Eisbällen.
Innerlich war sie halb erfroren und außerlich ganz.
Eilig lief sie quer durch die Straßen und sah nur aus dem Augenwinkel das Schild.
Sie bog auf das Grundstück ab und prallte mit jemanden spontan zusammen.
Eilig verschanzte sie sich hinter ihrer Mutter und blickte zu den anderen.
Diese blieben außerhalb des Grundstückes und schauten düster zu ihr hinüber ehe sie abzogen.
Kaum war die erste Gefahr gebannt, spürte sie etwas.
Ihre bläulich verfärbten Finger hielten sich nicht an dem Pelzmantel ihrer Mutter fest, sondern an einer wetterfesten Militärsjacke.
Sina ließ ihren Blick nach oben wandern und sah nicht ihre Mutter, sondern den alten Mann, welchen sie schon oft beobachtet hatte.
Sie wusste nicht, was sie sagen oder tun sollte und so blickte sie ihn einfach nur an.
Die Hände hatte sie dabei nicht von seiner Jacke genommen.

Die Whiskeyflasche landete, teils vor Schreck, teils vor Entsetzen im Schnee. Irgendein halberfrorenes Mädchen krallte sich wie eine Irre an seiner Jacke fest. Der Gesichtsausdruck des alten Mannes wechselte von Überraschung zu Wut. Er schlug die Hände des Mädchens wortlos weg. Ein kleines bisschen bereute er es, so gemein zu einem 'Kind' zu sein; nichts anderes war sie für ihn; aber letzten Endes interessierte es ihn kaum. Er ging ein Paar Schritte, zog mit den Lippen eine Zigarette aus der Packung und zündete sie langsam an.
Als er bemerkte, dass das Mädchen weiterhin dort stand, drehte er sich halb um. "Warum verschwindest du nicht?" Seine Stimme klang alt, verraucht und kratzig, fast wie die Wüste. Sie hörte sich an, als wäre sie schon seit längerem nicht benutzt worden und der Satz wurde von einem starken, röchelnden Husten verfolgt. Direkt nach dem Husten zog der Mann erneut an der Zigarette und blies den Rauch anscheinend unabsichtlich ins Gesicht des Mädchens.

Sina sah ihn an und als er ihre Hände wegschluck, war ihre Starre nicht gerade gelöst.
Hatte sie sich im Namen geirrt ... sie wusste ja kaum, wie sie hergekommen war.
Ihr Blick wanderte wieder zu den anderen Kindern, welche in einigen Abstand scheinbar auf sie warteten, nachdem er seine Frage an sie gestellt hatte.
Dann spürte sie den beisenden Gestank des Zigarettenqualms.
Sie wandte sich ab und hustete mehrmals, jedoch wurde sie den ekeligen Geruch nicht so schnell los.
Es dauerte eine Weile bis sie das Husten etwas unterdrücken konnte.
Sina: "Tut ... tut mir Leid ..."
Flüsterte sie leise und hustete erneut.
Sie versuchte ihren Blick wieder auf ihn zu richten, was ihr aber durch das Husten schwer fiel.
Sina: "Ich wollte das nicht ..."

In einem Anflug von Mitleid (das hustende Mädchen erinnerte ihn irgendwie an einen bemitleidenswerten kleinen Welpen) warf der Mann die Zigarette in den Schnee und trat sie aus. "Ist irgendwas passiert? Ich denke nicht, also brauchst du dich auch nicht so zu entschuldigen." Er schüttelte den Kopf. "Was ist eigentlich mit dir los?" Sein Blick schweifte zu den anderen Jugendlichen, die die Szene mit leichtem Argwohn und einigem leisen Gelächter begutachteten. Der Mann zuckte sanft mit den Schultern und ging auf die Gruppe zu, deren Gelächter etwas lauter wurde. Dies änderte sich als der Mann seine Jacke öffnete, hineingriff und eine rostige, alte Colt 1911 herauszog und mit sicherer Hand auf die Jugendlichen richtete. "VERPISST EUCH VON MEINEM GRUNDSTÜCK!" Die sandige Stimme zerriss die Stille, die über dem nun im halbdunklen liegenden Städchen gelegen hatte.

(zur Veranschaulichung:)

Spoiler:

Sina sah ihn an und wusste nicht, was sie sagen sollte.
Ihr Blick wanderte wieder zu der Meute der anderen Kinder.
Sie fragte sich mehrmals, was passierte, als der Mann auf die anderen zuging.
Als er jedoch eine Waffe auf die anderen richtete, zuckte sie erschrocken zusammen.
Sie hielt sich die Hand vor den Mund und beobachtete das Geschehen.
Die Kinder reagierten wie erwartet, sie rannten schnell weg.
Langsam ging sie auf den Mann wieder zu und blieb in einiger Entfernung stehen.
Sina: "Wo haben sie die her?"
Fragte sie leise und ihr Blick weilte auf der Waffe in seiner Hand.
Die Hände hatte sie immer noch vor der Brust zusammen gefaltet und ihr Herz begann schneller zu schlagen.

Der Mann drehte sich langsam um, nachdem sich der Pöbel verzogen hatte. Er wog die Waffe in den Händen. "Der zweite Zusatzartikel der Verfassung der Vereinigten Staaten. 'Da eine wohl organisierte Miliz für die Sicherheit eines freien Staates notwendig ist, darf das Recht des Volkes, Waffen zu besitzen und zu tragen, nicht beeinträchtigt werden.' Außerdem..." Wortlos deutete er auf sein Barett, das eindeutig zu einer älteren Ausgabe der US-Militäruniform gehörte und nicht ein bloßes Modeutensil war. Sowohl auf der Uniform als auch auf dem Barett konnte man das Logo der Airbornedivision, einer Fallschirmlandedivision der US Army, erkennen.
"Es ist mein Recht als Amerikaner, eine Waffe zu besitzen und im Notfall gegen Störenfriede einzusetzen. Hast du noch nie eine Pistole gesehen? Grundgütiger. Du lebst in den Vereinigten Staaten und tust so als wäre das hier ein sowjetischer T-34!"

(Ich werd hin und wieder ein Paar Begriffe einwerfen, normalerweise ists nicht wichtig, bei Interesse hilft da aber Wikipedia weiter. der T-34 war ein Russischer Panzer im Zweiten Weltkrieg. Der Mann ist nicht so alt, daher der Witz. Hier noch das Airbornewappen:)

Spoiler:

Sina: "Ich glaube nicht, das sie so alt sind, das sie eine solche Machine gesehen haben also im Einsatz."
Gab sie zurück und schien etwas nachdenklich.
Sina: "Außerdem ist es zwar gestattet eine Waffe zu besitzen, aber laut dem aktuellen Waffengesetz darf die ohne Waffenbesitzkarte weder das Besitztum verlassen, noch auf andere Leute gerichtet werden."
Platzte sie heraus mit dem was sie wusste.
Als sie wieder zu ihm sah hatte sie ein ungutes Gefühl.
Sie hatte schon wieder geprallt, nicht mit Absicht, aber sie hatte es getan.
Sina: "Außerdem müssen sie die Waffe sichern, wenn sich diese nicht auf einem offiziellen Schießstand befindet."
Wies sie ihn freundlich lächelnd drauf hin und zeigte auf den kleinen Hebel an der Seite der Waffe.
Sina: "Mein Papa hatte auch so eine ..."
Flüsterte sie leise und senkte den Blick.
Irgendwie kam sie sich dumm vor im Moment.
Sina: "Entschuldigung ..."
Flüsterte sie leise.
Sie wollte ihn nicht belehren, aber sie hatte es wieder getan.

Jetzt hatte sie es anscheinend geschafft. Der Mann wirkte nun wirklich erbost. "Du bist mir auch so eine Klugscheißerin, hm? Ich habe eine Scheiß 'Waffenbesitzkarte', sie ist verdammtnochmal gesichert und ich als ehemaliger Soldat, der sich damals WÖRTLICH den Arsch aufgerissen hat, um die Freiheit dieser verkackten Nation zu sichern werde ja wohl verdammtnochmal wissen, wie ich meine eigene Waffe zu sichern habe, oder?
ICH HABE GESEHEN WIE EINER MEINER KAMERADEN EINE SCHEIß MAKAROV IN SEINE TASCHE GESTECKT HAT, DIE DANN EIN PAAR MINUTEN SPÄTER LOSGEGANGEN IST UND IHM DIE OBERSCHENKELVENE DURCHSCHOSSEN HAT. ER IST DRAN VERRECKT."
Er war kurz davor, dem Mädchen eine Ohrfeige zu geben, riss sich jedoch zusammen.
Vor einigen der Häuser gingen schon die Balkonlichter an. Der Alte atmete ein Paar Mal tief durch. "Ich werde wohl wissen, dass man eine Waffe sichern sollte... Oh, und wenn du auf den Boden schaust, ich BIN auf meinem Besitztum." Mit diesen Worten steckte er die Pistole wieder weg, während er etwas unverständliches in seinen Bart murmelte. "Dein Papa, was? Tch."

Sina erschrack, als er sie anschrie.
Sie sich einige Schritt zurück und sah ihn geschockt an.
Ihr Herz raste immer mehr und ihre Augen füllten sich mit Tränen, welche sie versuchte zurück zu halten.
Sina: "Tut ... tut mir ... tut mir Leid ..."
Brachte sie nur mühsam heraus.
Sie hatte sich mal wieder alles versaut, ungewollt, aber sie hatte es mal wieder geschafft.
Kein Wunder, das jeder sie hasste, außer ihre Mutter, vielleicht sogar die.
Die Hände fest gegen die schier enger werdende Brust gedrückt trat sie langsam zurück von ihm.
Sina: "Das wollte ich nicht ..."
Flüsterte sie nur leise, machte auf den Absätzen kehrt und rannte weg.
Sie rannte vom Grundstück und rutschte fast aus, als sie um die Ecke bog.
Ohne nachzudenken rannte sie so schnell sie konnte, während der Schnee und die Kälte ihr immer mehr in die Knochen fuhren.

Der Mann kratzte sich am Kopf und zuckte mit den Schultern. "Mags wohl nicht, wenn man laut wird." Mit diesen mehr zu sich selbst gesagten Worten hob er die nun eisgekühlte Whiskeyflasche wieder auf und ging gemächlich wieder in Richtung seines Klappstuhls. Er war weder sonderlich verwundert noch fühlte er sich in irgendeiner Art schuldig, das Mädchen verletzt zu haben. Sie hatte angefangen mit ihm zu reden, es war allein ihre Schuld. Alle in Ely wussten, dass er ein 'Böser alter Mann' war.

Sina lief ... sie wusste nicht wohin.
Erst als sie den Stadtrand erreichte blieb sie stehen.
Wo war sie ...
Ihr Blick wanderte an den Häusern vorbei und zu den leeren Straßen, welche sie umgaben.
Ohne zu wissen, wo sie hin ging, lief sie weiter.
Von außerhalb der Stadt würde sie mehr sehen und besser wieder nach Hause finden.
Ihre Lippen und Fingernägel waren bereits blau von der Kälte.
Sie sollte schon längst wieder zu Hause sein.

Sinas Mutter war derweile auf der Suche nach ihr.
Immer wieder rief sie laut ihren Namen und lief durch die Straßen.

Der Mann, der schon seit einige hörte hinter ihm das leise Knirschen von Schnee und fuhr herum, wobei seine rechte Hand sofort in seine Jacke griff. Als er Schemenhaft das Mädchen erkannte, entspannte er sich wieder. "Was machst du hier draußen?", rief er mit seiner rauhen Stimme zu ihr hinüber.

Den Kopf tief gesenkt lief Sina durch die Gegend.
Ihre Blick wanderte immer wieder zurück, doch sie konnte nichts erkennen.
Als sie plötzlich eine Stimme vor sich hörte sah sie nach vorne und blieb wie vom Blitz getroffen stehen.
Nach einiger Zeit und mehreren Versuchen erkannte sie den alten Mann von vorhin.
Ein Schauer lief ihr den Rücken hinunter oder es war ein frösteln, so genau konnte sie es nicht sagen.
Sie lief noch etwas näher auf ihn zu und blieb in einiger Entfernung stehen.
Sina: "Ich hab mich verlaufen ..."
Flüsterte sie leise und schämte sich etwas für ihren miesen Orientierungssinn.
Zitternd stand sie vor dem Mann und langsam blickte sie zu ihm hinauf, nur um ihre Gesicht gleich wieder in ihrem Kragen zu vergraben.
Langsam spürte sie die Kälte an einigen Körperstellen nicht mehr, dafür aber an anderen umso mehr.

"Du bist auch eine ziemliche Idiotin, oder? Meine Güte." Mit diesen Worten kam der Mann näher und bemerkte, wie sehr das Mädchen zitterte. "So viele Einwohner hat dieser Ort auch nicht... wie kann man sich hier verlaufen? Du solltest dich erstmal aufwärmen."
Aus irgendeinem Grund klang die Stimme des sonst so grimmigen Mannes bei diesen Sätzen weich, fast großväterlich.
"Deine Eltern suchen dich doch, oder? Lauf doch zu ihnen zurück... Du findest ja wohl den Weg, oder?" Nach einer kurzen Pause fügte er leise hinzu: "Notfalls kann ich dich wohl auch dort hinbringen.."
Die Flasche in der Hand des Mannes war nicht einmal offen. Irgendwie hatte er keine Lust gehabt, sich zu betrinken. Dafür steckte, wie sonst auch immer, eine glimmende Zigarette zwischen seinen Lippen, die er manchmal ruckartig mit selbigen bewegte, um die sich ansammelnde Asche abzuklopfen.

Sina blickte zu dem Mann hinauf.
Die Arme fest um ihren Körper gelegt, um wenigstens noch etwas Wärme zu behalten.
Sina: "Meine Mum sucht mich bestimmt ..."
Flüsterte sie leise und blickte hinunter zu der Stadt, welche nun im Licht der Laternen lag.
Sina: "Ich wohne noch nicht so lange hier ... ich weis wie ich von der Schule nach Hause komme ... und zum Rodelberg ..."
Sie hatte sich nie die Zeit genommen sich die einzelen Wege zu merken und auch nie Interesse dafür gehabt.
Die wichtigsten Wege kannte sie und den Rest ihre Mutter, so wie zum nächsten Supermarkt und so.
Aber mehr auch nicht, auch wenn sie das ab sofort ändern würde.
Nach einer Weile des Nachdenkens und der Stille sah sie wieder zu dem fremden Mann.
Sina: "Können Sie mir sagen, wie ich in dem Mailborn-Street 34 komme?"
Fragte sie ihn leise und etwas zögerlich.