Schatten der Vergangenheit (Ly&Blacky)

"Es ist mein Leben. Wenn ich aufhöre landet ich auf der Straße oder im Gefängnis.", sagte sie zu ihr. "Man wird mich hinrichten lassen, wenn ich gehen würde." Sie war Gebranntmarkt, für immer.

"Je länger das so weiter geht, umso schlimmer wird es für dich... wir... wir könnten genau so gut irgendwo hin reisen, in eine andere Stadt, wo uns niemand kennt. Dort könnten wir ein neues Leben anfangen."

"Das kann ich nicht.", sagte sie zu ihr. Sie nahm den Umhang ab und drehte sich um, damit sie ihren Rücken sah. Dann schob sie den linken Träger von der Schulter und zeigte das Mal. "Das verrät mich immer. Es ist das Mal, was Gefangene erhalten, wenn man sie zum Tode verurteilt hat."

Velizita seufzte schwer. "Du... du könnest doch irgendwie damit aufhören, einen anderen für dich die Drecksarbeit machen lassen. Und du könntest schon bald wieder endlich in Frieden leben."

"Du verstehst nicht, Velizita." Sie verbarg wieder das Mal auf ihrer Schulter und legte den Umhang wieder um. "Ich bin verurteilt. Für mich gibt es nur noch den Tod und die Flucht, wenn man dieses Mal erkennt." Dennoch hatte es sie gewundert, das Aragon es nicht erkannt hatte.

"Ich glaube es macht im Moment keinen Sinn. Wir werden uns nicht wirklich einig. Vielleicht solltest du Aragon noch einmal besuchen, aber ich will dich jetzt erst einmal für einige Zeit nicht mehr sehen...", Velizita wandte sich ab und begann weiter einzupacken. "Ich habe langsam die Nase voll von dir."

"Das versteh ich.", sagte sie zu ihr. Dann ging sie zur Tür und öffnete sie. "Lebwohl, Velizita.", sagte sie noch einmal zu ihr und drehte sich um. Anschließend verließ sie das Zimmer. Sie machte sich auf die Suche nach Aragon. Es deute eine Weile, ehe sie ihn fand und anklopfte. Sie blickte vorsichtig um die Ecke und sah zu ihm.

Aragon hielt die Augen geschlossen. "Ve... Velizita?", seine Stimme klang schwach und zerbrechlich, denn er war wirklich ziemlich angeschlagen, seit sie ihn so verletzt hatte...

Alessa trat langsam ein und kam auf ihn zu. In einigen Abstand blieb sie neben seinem Bett stehen. "Nein ...", sagte sie leise und blickte ihn an. "Ich weiß, das es eh nichts bringt, aber es tut mir Leid."

Aragon öffnete stöhnend die Augen und sah sie an. Sein Blick wurde sofort vollkommen wütend. "Was tust du hier?"

"Das weiß ich selber nicht genau ...", gab sie leise zu. "Vielleicht mich verabschieden." Aragon war ein guter Mann, mit dem Herz am rechten Fleck. Das ihm jetzt sowas geschah, hatte er nicht verdient. Es war der erste Auftrag, nachdem sie ein schlechtes Gewissen plagte.

Aragon lachte. "Hey, wenn ich Glück hab ist das hier sogar ein Abschied für immer. Die Ärzte haben alle gesagt es sieht ziemlich beschissen mit mir aus. Ein Messer in den Arm hätte vollkommen gereicht... aber weißt du, was mir noch mehr wehtut? Die Tatsache, dass du das alles ausgenutzt hast. Du wusstest von Anfang an, was du zu tun hast."

"Nein das stimmt nicht!", sagte sie laut. Unbewusst kam sie zu ihm und kniete sich neben das Bett nieder. "Ich wusste es nicht ... wirklich. Mein Herr hat nicht gesagt, wer es ist, nur irgendein hoher Politiker ..." Sie fuhr sich mit den Händen durchs Haar. "Gott ... das war nie geplannt, nicht von Anfang an."

"Steh verdammt nochmal auf und halte etwas Abstand. Nicht, dass du mir wieder mit deinen Messern irgendwohin stichst." Aragon seufzte und schloss die Augen. "Und wieso hat Leonardo dann gewusst, wer er wirklich ist?"

Alessa tat ihm den Gefallen nicht und blieb sitzen. "Er wusste es?", fragte sie ihn. "Ich hab zwar beobachtet, das du den Mann hin und wieder im Auge hattest, doch ich dachte, es wäre nur ein Revale von deinem richtigen Herren." Sie hatte nicht gedacht, das dieser Mann sein Herr war. Einer der vielen Gegner, die Politiker halt hatten.

"Ich bin trotzdem sehr enttäuscht von dir... weißt du... ich kenne dich nur wenig. Aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass es nicht so hätte kommen müssen. Ich meine das alles... warum machst du so etwas?"

"Mein Herr verlangt nicht viel von mir. Nur, das ich ihn beschütze und ihm helfe.", sagte sie und senkte den Blick. "Er verlangt, das die Leute, die ihm gefährlich werden oder im Weg stehen, verschwinden müssen." Ihr Herr war ein guter Mensch, bis auf diese Tatsache und das er immer unfreundlich zu ihnen war, egal wie gut sie ihre Arbeit machten.

Aragon öffnete erneut die Augen und wandte seinen Kopf zu ihr um. "Denkst du, dass so etwas gerechtfertigt ist? Dass du einfach Menschen umbringst, weil sie deinem Herren im Weg stehen?"

"Nein, doch nicht alle sind Unschuldslämmer." Die meisten waren Männer gewesen, die andere Leiden ließen. Es war gut gewesen, sie umzubringen. "Einigen hatten es nicht verdient und dafür hab ich auch bezahlt und werde es immer tun."

Aragon seufzte leise. "Ich glaube ich habe dich ziemlich falsch eingeschätzt. Ich war so froh darüber, endlich mal einer tollen Frau begegnet zu sein. Aber irgendwo hat immer alles einen Haken."

"Eine tolle Frau?", fragte sie irritiert. Hatte er wirklich so über sie gedacht. Hatte er sich vielleicht sogar gedacht, das aus ihnen beiden etwas werden könnte ... Alessa hatte das alles als ein Vergnügen gesehen, einen Liebhaber, mehr nicht.

Aragon schloss seufzend seine Augen und wandte sich von ihr ab. "Ich bin ja schon still... es war ziemlich dumm so etwas von mir zu denken. Ich weiß ja, dass dir sehr viel an deiner Freiheit liegt. Und? Hast du mir jetzt noch irgendetwas zu sagen?"

"Nur ...", sagte sie und senkte den Blick. "Das es mir unendlich leid tut und wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, dann würde ich mich meinem Herren wiedersetzen und mein Urteil annehmen." Wenn sie gewusst hätte, wie alles gekommen wäre, dann wäre sie freiwillig auf das Schafort getreten.

"Das hätte die Sache auch nicht besser gemacht, aber hättest du mir etwas gesagt, denn hätte ich dich beschützt. Ich hätte bestimmt eine Menge bewegen können, aber jetzt ist es bereits zu spät."

"Ich bin bereits verurteilt, Aragon.", sagte sie zu ihm. Für sie war es bereits zu spät. Alessa war veruteilt und damit ihr Ende besiegelt. "Das Mal auf meiner Schulter sagt, das ich eine Todgeweihte bin. Ich wurde bereits wegen 8-fachen Mordes angeklagt und zum Tode verurteilt. Nur zu einer Hinrichtung kam es nicht."